Konzept für mehr Wiederverwendung und Mehrfachnutzung
Abfallvermeidung ist Umweltschutz: Dieses Wissen bestimmt schon seit Jahren das Handeln der Stadt sowie der Kommunalen Betriebe Langen (KBL). Jetzt sollen die Aktivitäten durch ein umfangreiches Abfallvermeidungskonzept noch einmal verstärkt werden. Der Magistrat hat dazu jetzt ein von KBL und Abfallberatung vorgelegtes Konzept verabschiedet. Stimmen die Stadtverordneten dem zu, sollen die ersten Maßnahmen schon im Sommer starten.
Pro Kopf werden in Deutschland zurzeit jährlich rund 460 Kilogramm Haushaltsabfall erzeugt. Der größte Teil wird bislang recycelt oder in Verbrennungsanlagen in Energie umgewandelt. Mit der getrennten Abfuhr und Erfassung der Abfälle ist allerdings der Aufwand für die Entsorgung gewachsen, ohne dass das Volumen je Einwohner spürbar gesunken ist. Viel besser ist es deshalb, wenn Müll gar nicht erst entsteht. Dies reduziert Treibhausgasemissionen und schont knappe Ressourcen. Bereits in der Vergangenheit wurden von der städtischen Abfallberatung und KBL viele Maßnahmen umgesetzt oder gefördert, die zur Abfallvermeidung beitragen. Beispiele sind die über 20-jährige Zusammenarbeit mit dem Verkehrs- und Verschönerungsverein beim Geschirrverleih, die Teilnahme am Verschenk- und Tauschmarkt des Kreises Offenbach oder die Unterstützung der Langener Tafel und des Repair Cafés im Zentrum für Jung und Alt.
„Jeder einzelne kann mithelfen, Abfälle zu verringern, Ressourcen zu schonen und die Umwelt zu schützen“, sagt Erster Stadtrat Stefan Löbig. „Das nun vorliegende Konzept ist ein weiterer, wichtiger Baustein, der ein Umdenken in der Bevölkerung anstoßen soll.“
Vorgesehen ist ein Paket mit vielen verschiedenen Maßnahmen, manche größer, manche klein, aber allesamt nicht kostenintensiv. Ein zentraler Baustein ergibt sich aus der Ressourcenschutzstrategie des Landes Hessen: Dort wird die Wiederverwendung und Reparatur von Produkten als eines der zentralen Handlungsfelder ausgewiesen. KBL möchte sich deshalb am hessischen Re-Use-Netzwerk beteiligen.
Am Wertstoffhof in Langen soll eine Annahmestelle für noch funktionstüchtige Kleinelektrogeräte errichtet werden, damit diese einer Wiederverwendung zugeführt werden können. Separat angenommen werden sollen künftig auch Handys und Tonerkartuschen. Smartphones erhält der Naturschutzbund NABU, der eine Kooperation mit einem Telekommunikationsunternehmen für Wiederaufbereitung und Verkauf noch funktionierender Geräte oder Recycling eingegangen ist und dafür Geld für Insektenschutzprojekte erhält. Von der Wiederverwertung der leeren Tonerkartuschen profitiert die Caritas, die von einer Firma Geld für soziale Projekte erhält und Menschen in Not unterstützt. Fahrräder, die noch brauchbar sind, sollen an Reparaturwerkstätten (beispielsweise die Fahrradwerkstatt des ADFC) weitergegeben werden.
Einsammeln will KBL künftig auch nicht mehr benötigte Lego- und Duplosteine. Sie sollen an das Projekt „Mobile Lego-Rampen“ in Hanau weitergeleitet werden. Dort werden mobile Rampen gebaut, die dann für einen barrierefreien Zugang zu Geschäften mit kleinen Stufen sorgen. Dadurch wird Menschen mit Rollstuhl, Kinderwagen oder Rollator der Zugang erleichtert.
Kinderspielzeug und Spiele sind meistens altersbedingt nur zeitlich begrenzt im Einsatz. Deshalb soll ein regelmäßiger Spielzeug-Tauschflohmarkt für Kinder und deren Eltern etabliert werden. Geplant ist zudem eine Weihnachtsschmuck-Tauschbörse.
Da Langen und Egelsbach in der gemeinsamen Gesellschaft ALEG Abfallservice Langen Egelsbach GmbH zusammenarbeiten, werden die Angebote am Wertstoffhof auch den Egelsbacherinnen und Egelsbachern zugänglich sein. Die Gemeinde Egelsbach wird sich nach der Vorstellung des Gesamtkonzepts in der Aufsichtsratssitzung der ALEG außerdem damit befassen, welche Instrumente, über die Angebote am Wertstoffhof hinaus, auch in Egelsbach übernommen werden können.
Gastronomen mit Straßenverkauf will die Langener Abfallberatung über das Angebot von Mehrweggeschirr informieren. In Zusammenarbeit mit KBL soll versucht werden, das Mehrweg-Pfandsystem eines Anbieters für ganz Langen zu etablieren. Ähnliche Bemühungen finden auch in Egelsbach statt. Denn Restaurants, Imbisse und Cafés müssen ihren Kunden beim Straßenverkauf künftig neben Einwegverpackungen auch alternativ eine Mehrwegvariante anbieten. Eine entsprechende Verpflichtung, die ab dem Jahr 2023 gilt, hat der Bundestag im Mai 2021 beschlossen.
An der Einfahrt zum Wertstoffhof soll ein weiterer Bücherschrank aufgestellt werden. Die Bevölkerung darf dort jederzeit Bücher entnehmen und diese zum Lesen mitnehmen; ob man sie zurückbringt, behält, tauscht oder nicht, entscheidet jeder Nutzer selbst. Ein weiterer Schrank soll in Egelsbach sein Zuhause finden.
Zudem ist eine intensivere Öffentlichkeitsarbeit Teil des Konzepts. So soll für die verstärkte Nutzung von Akkus statt Batterien geworben werden. Ebenso sollen die Langenerinnen und Langener dazu animiert werden, beim Einkaufen Stoffbeutel statt Plastiktüten zu nutzen. Dazu sollen bei Veranstaltungen auch Stofftaschen verteilt werden. Am Wertstoffhof werden „Keine Werbung“-Aufkleber ausgegeben.
Auch Kinder sollen frühzeitig mit der Problematik vertraut gemacht werden. Bereits jetzt findet in Schulen und Kindergärten eine Abfallerziehung statt. Nun sollen in den Kitas auch wieder Mehrweg-Brotdosen mit KBL-Logo verteilt werden. Motto: „Langen is(s)t abfallarm“. Eine Kampagne zur Abfallvermeidung in der Weihnachtszeit soll mit Workshops in Grundschulen ebenfalls bereits Kinder erreichen.
Mittelfristiges Ziel ist es, eine Zero-Waste-Strategie für das gesamte Stadtgebiet zu entwickeln. „Wir befinden uns da in guter Gesellschaft von immer mehr Städten und Gemeinden in Deutschland und ganz Europa“, sagt Stefan Löbig. „Die Notwendigkeit zur Umsetzung von Projekten zur Abfallvermeidung und der Wiederverwendung von gebrauchsfähigen Produkten ist vor dem Hintergrund der weltweiten Lieferkettenproblematik, der Halbleiterkrise und den spürbaren Folgen des Klimawandels dringender denn je.“
Mit dem Konzept befassen sich der Ausschuss für Umwelt, Bau und Verkehr am Mittwoch, 11. Mai, und der Haupt- und Finanzausschuss am Donnerstag, 19. Mai. Beschlossen werden soll es in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 2. Juni.