Corona lässt Müllgebühren steigen

Erlöse für Altpapier und -textilien drastisch eingebrochen

Das Virus hat gravierende Folgen auf viele Bereiche des öffentlichen Lebens, auch auf sol- che, an die im ersten Moment kaum einer denkt: Coronabedingt müssen die Müllgebühren zum Jahreswechsel erneut erhöht werden – um rund sieben Prozent. Dabei ist die bislang letzte Erhöhung gerade mal ein knappes Jahr her. Zum Jahresbeginn 2020 waren die Ge- bühren um etwa acht Prozent gestiegen.

„Die Grenzschließungen und der Nachfragerückgang haben die Märkte für Wertstoffe mehr oder weniger zusammenbrechen lassen“, erläutert der Leiter der für die Abfallverwertung zuständigen Kommunalen Betriebe Langen (KBL), Manfred Pusdrowski. „Das hat zu einem drastischen Einbruch der Erlöse für die Wertstoffe Altpapier und Alttextilien geführt, auf den wir reagiert müssen.“

In beiden Bereichen waren die Erlöse schon vorher rückläufig, doch die Pandemie hat zu einem beispiellosen Preisverfall geführt. So erbrachte der Verkauf von Altpapier im Jahr 2018 rund 294.000 Euro, 2019 waren es noch 260.000 Euro. In diesem Jahr gehen die Ein- nahmen gegen null. „Das reißt ein großes Loch in die Gebührenkalkulation, ändert aller- dings nichts an der gesetzlichen Pflicht der Kommunen zur getrennten Erfassung und Sammlung“, erklärt Manfred Pusdrowski.

Ähnlich sieht es bei Alttextilien aus. Im Februar 2020 erzielten die KBL bei der Verwertung noch gut 300 Euro pro Tonne, wobei die Sammlung lediglich mit 125 Euro pro Tonne zu Buche schlug. Bei knapp 300 Tonnen belief sich der Überschuss 2019 auf circa 100.000 Eu- ro, 2018 waren es sogar noch 130.000 Euro gewesen. Durch den Zusammenbruch des Marktes wird dieses Jahr nun ein Betrag von nur noch 25.000 Euro erwartet. Bei Textilien besteht für die Kommunen zwar keine Pflicht zur getrennten Einsammlung und Verwertung, die Erlöse wirkten sich bislang aber immer positiv auf die Höhe der Müllgebühren aus. Die nun deutlich gesunkenen Einnahmen belasten den Gebührenhaushalt somit ebenfalls.

Ein Aspekt, der sich zusätzlich auf die Erlöse ausgewirkt hat, ist das geänderte Konsumver- halten. Die Expansion von Billigketten hat zur Folge, dass viele Menschen mehr, dafür aber qualitativ minderwertige Kleidungsstücke kaufen. Diese aber sind nur schlecht oder gar nicht wiederzuverwerten. Und weil in der Coronazeit der Online-Handel stark zugenommen hat, ist der Anteil von Kartonagen im Altpapier gestiegen. Der Anteil der von hochwertigem Papier aus Zeitungen und Illustrierten nimmt dagegen seit Jahren immer weiter ab.

Insgesamt sinken die Einnahmen der KBL aus dem Verkauf von Altpapier und Alttextilien von 353.000 Euro (2019) auf voraussichtlich 125.000 Euro in diesem Jahr. Und es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Märkte in absehbarer Zeit wieder auf das Vor-Krisen- Niveau erholen werden. „Angesichts der finanziellen Dimension, die diese Entwicklung in der Kalkulation bewirkt, ist eine schnelle Anpassung der Gebührensätze erforderlich“, sagt Be- triebsleiter Manfred Pusdrowski. „Ansonsten würden wir Verluste ansammeln, die bei einer späteren Anpassung einen entsprechend höheren Anstieg zur Folge hätten. Mit anderen Worten: Je schneller die Gebühren an die geänderte Marktsituation angepasst werden, des- to niedriger fällt die erforderliche Erhöhung aus.“

Das hat zur Folge, dass die im Oktober 2019 erstellte Gebührenkalkulation, die eigentlich für den Zeitraum 2020 bis 2022 gedacht war und zum Jahresbeginn zu einer Erhöhung der Müllgebühren um rund acht Prozent führte, bereits wieder überarbeitet werden musste. Das neue Zahlenwerk umfasst wieder drei Jahre (2021 bis 2023) und sieht einen erneuten An- stieg der Preise zum 1. Januar 2021 vor. Eine Alternative gibt es laut Manfred Pusdrowski nicht, da die Berechnung so zu erfolgen hat, dass die Gebühren kostendeckend sind.

Vorgesehen ist, dass die Grundgebühr pro Person und Jahr um zwei Euro von 31 auf 33 Euro steigt (plus 6,45 Prozent). Die tonnenabhängigen Leistungsgebühren sollen um durch- schnittlich 7,6 Prozent angepasst werden, sodass sich insgesamt eine Erhöhung von circa sieben Prozent ergibt. Für einen Drei-Personen-Musterhaushalt bedeutet das einen Anstieg um 13 Euro von 184 auf 197 Euro pro Jahr (plus 7,1 Prozent).

„Die vorgeschlagene Änderung der Abfallsatzung enthält aber auch einen für viele Bürger und Bürgerinnen positiven Aspekt“, hat Manfred Pusdrowski ein kleines Trostpflaster parat. Das Angebot an Müllbehältern soll um eine 40- und eine 140-Liter-Restmülltonne ergänzt werden. Die 40-Liter-Tonne ist beispielsweise für Zweipersonenhaushalte geeignet, die dadurch Gebühren sparen können, weil sie bisher die 60-Liter-Tonne als kleinstmöglichen Behälter nutzen (und bezahlen) mussten.

Die geplante Änderung der Abfallsatzung wird am Donnerstag, 22. Oktober, im Haupt- und Finanzausschuss diskutiert. Zur Abstimmung steht sie in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 5. November.